Streckmetall flickt die Risse im Denkmal

Haus am Kirchplatz wird aufgeputzt.

Halle (WB). Ende der 80er Jahre brennt eine Wohnung im Haus Kirchplatz 13 aus. Wenige Jahre später sackt eine Hausecke ab. Doch die tiefen Risse in den Mauern haben den neuen Eigentümer des denkmalgeschützten Hauses nicht erschüttert: Malermeister Andreas Kramme (43) ist geprüfter Restaurator. Bis zum Stadtfest nächste Woche soll die Fassade optimal „aufgeputzt“sein. [von Klaudia Genuit-Thiessen]

Andreas Kramme - Pizzabäcker Donato Zaza und sein Sohn Antonio
Westfalen-Blatt, Haller Zeitung - 23. April 2008

Der Putz an der Rosenstraßen-Front blättert leicht ab, zeigt Andreas Kramme (links) Pizzabäcker Donato Zaza und seinem Sohn Antonio.

Erst 2007 hat der Bielefelder Diplom-Betriebswirt und Mitglied der Fachgruppe Restauratoren im Handwerk das 1880 erbaute Haus im Stil des Spätklassizismus von einer Erbengemeinschaft erworben. "Ich habe Spaß an alten Häusern, und dieses ist innen gut in Schuss", sagte Kramme im WB-Gespräch. Obwohl er das Gebäude als "interessantes Investitionsobjekt" sieht, hat er nicht vor, es so schnell wieder zu verkaufen. Dabei hat das Haus selbst den Fachmann quasi hinters Licht geführt. Denn Sockel, Fenster- oder Türlaibungen sehen zwar aus wie Sandstein, sind es aber nicht. Andreas Kramme: "Es war damals Zeitgeist, die Häuserfassaden in Anlehnung an die Kirche zu gestalten". Beim Bau des nur gut fünf Meter breiten, schmucken Gebäudes vis-à-vis von St. Johannis wurde diese Mode jedenfalls aufgegriffen. Die klar gegliederte Fassade des Backsteinhauses, die an der Vorderseite zum Kirchplatz hin den Namenszug C.F. Landwehr trägt, war schon damals weiß und sandsteingelb verputzt. Damals grenzte es übrigens nicht nur direkt an das Haus Kirchplatz 12 an, sondern war mit diesem auch durch Durchbrüche in allen Etagen verbunden.

Im Erdgeschoss befand sich damals ein Haushalt- und Spielwarengeschäft mit Schaufenster zum Kirchplatz. Dies wurde von den Eheleuten Rüter übernommen und erst gegen Ende der 60-er Jahre schlossen. Im Keller zur Rosenstraße eröffnete damals ein Imbiss – einer der ersten in Halle. Die Betreiber wechselten mehrfach. In den 70-ern zog dann die Boutique O'Haras ein, anschließend wieder ein Imbiss.

1990 übernahm Donato Zaza (49) die Kellerräume des Hauses, das sein Dach über zwei Wohnungen und seine "Pizzeria Taormina" bereitet. Er erinnert sich noch gut daran, wie das Haus- möglicherweise als Folge eines defekten Kanals – einige Millimeter abgesackt ist: "Wie Lego sind damals die Steine gefallen".

Andreas Kramme - Malermeister und Restaurator
Fotos: Klaudia Genuit-Thiessen

Andreas Kramme, Malermeister und Restaurator, hat als neuer Eigentümer des Hauses Kirchplatz 13, keine Angst vor Schäden im Mauerwerk. Die Fassade wird jetzt komplett renoviert.

Die Risse seien beim letzten Anstrich überstrichen worden, ergänzte Malermeister Kramme. 1990 beim Umbau der Pizzeria hat das insgesamt 12,50 Meter lange Haus eine neue Betonsohle erhalten. Jetzt ist es absolut stabil.

Die Risse, die kürzlich beim Abklopfen de Putzes erst so richtig sichtbar geworden sind, sanieren Krammes Mitarbeiter mit einem speziellen Verfahren, das auch bei der Instandsetzung von Kirchtürmen verwendet wird: Streckmetall wird eingearbeitet. Das ist vor allem an der schmalen Durchgangsseite zum Haus Ameling erforderlich. Hier zog sich ein Riss der Länge nach durchs Haus.
An der Front zur Rosenstraße hin wurde der Kalk-Zementputz, der vor 20 Jahren leider mit Kunststofffarbe gestrichen worden ist, mühsam ausgeflickt. Kramme setzt jetzt auf Silikatfarbe: „Wir wollen den Zustand ja nicht verschlechtern“.

Optisch will der neue Eigentümer dem Denkmal noch stärker gerecht werden als zuvor. Das Haus wird in einem Weiß gestrichen, dem ein leichter Gelbton zugesetzt ist – ein historischer Farbton. Sandsteinfarben bleiben Sockel, Gesimse und Laibungen. Dem Denkmal angepasst wird auch die neue Werbung für die Pizzeria. Andreas Kramme: "Der Namenszug wird nur aufgemalt".

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